Internationale PR – andere Länder, andere Sitten
Posted 17 Mrz 2017
Dem von Journalisten durchaus geschätzten Handbuch ABC des Journalismus zufolge, beeinflussen Pressemitteilungen etwa vier Fünftel aller redaktionellen Zeitungsbeiträge. Über die tatsächliche Wirkung von PR auf den Journalismus mag es geteilte Meinungen geben, doch Fakt ist: Um heutzutage in der deutschen Unternehmenslandschaft Fuß zu fassen, ist eine gute PR-Strategie unerlässlich. Schließlich soll mediale Aufmerksamkeit erzeugt und das Unternehmen der breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht werden. In einer eigenen Kommunikationsabteilung und in Zusammenarbeit mit einer PR-Agentur müssen Pressemitteilungen versandt, journalistische Anfragen beantwortet, Presseveranstaltungen organisiert werden, und und und…
Doch mit der zunehmenden Globalisierung reichen die Ziele von Unternehmen mittlerweile weit über Deutschland hinaus. Gerade in der Technologiebranche verliert jeder schnell den Anschluss an die Konkurrenz, der seine Firma nicht international ausrichtet. Das heißt, es werden neue Standorte innerhalb Europas, aber beispielsweise auch in den aufstrebenden BRICS-Staaten erschlossen. So wird versucht, die Bekanntheit des Unternehmens im Ausland auszuweiten. Laut Berichten des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) beträgt bei 60 Prozent der deutschen Unternehmen der Auslandsumsatz über 20 Prozent des Gesamtumsatzes; sogar ein mittelständisches Unternehmen engagiert sich auf durchschnittlich 16 verschiedenen Märkten.
Für die Öffentlichkeitsarbeit bedeutet dies wiederum einen kleinen Neuanfang. Denn die bereits ausgearbeitete Strategie kann nicht einfach für jedes beliebige Land übernommen werden. Zu unterschiedlich sind die verschiedenen Arbeitsweisen und Geschäftskulturen. Doch auch kulturelle Unterschiede wie das Verständnis von Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit, ein Punkt, in dem gerade wir Deutschen nicht besonders tolerant sind, spielen eine Rolle. Um die verschiedenen Arbeitsweisen im Bereich PR und Journalismus kennenzulernen, muss man sein Unternehmen nicht in einem weit entfernten, exotischen Land ansiedeln. Es genügt bereits ein Blick auf die europäischen Nachbarländer und die USA.
Was die Presse in den Ländern der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) und Frankreich verbindet, ist die Vorliebe für möglichst neutral formulierte Informationen – ganz im Gegensatz zu den USA. In amerikanischen Pressemeldungen wird häufig eine sehr blumige Sprache mit der Tendenz zur Übertreibung verwendet, beispielsweise ist jede Firma ‘führend‘ in ihrer Branche. Die europäischen Journalisten und Redakteure werden von solchen Floskeln allerdings eher abgeschreckt und schenken der Meldung keine große Beachtung. Selbstverständlich ist es umgekehrt genau der gleiche Fall.
Aber auch innerhalb Europas müssen einige Aspekte beachtet werden. Zunächst ist dringend davon abzuraten, sämtliche Arten von Pressetexten Wort für Wort in die Zielsprache zu übersetzen. Abgesehen davon, dass es zu möglichen Fehlern bei der Formulierung kommen kann, interessieren sich die Medien und Leser interessieren sich die Medien und Leser im Ausland hauptsächlich für lokale Meldungen und Themen und weniger für Nachrichten aus den Nachbarländern. Beim Übersetzen sollte die Mitteilung also auch inhaltlich angepasst werden. Dabei sollte man darauf achten, dass gewisse Themengebiete in manchen Ländern sehr beliebt sind, in anderen wiederum Skepsis bei den Journalisten auslösen. Ein gutes Beispiel hierfür ist das Thema Wetten und Glücksspiel, was zu sehr unterschiedlichen Reaktionen in Deutschland beziehungsweise Großbritannien führen würde.
Gerade auch wenn es sich um persönliche Treffen zwischen Vertretern der Presse und den Unternehmen handelt, sind die Gewohnheiten von Land zu Land unterschiedlich. Als Erstes sollte man sich deshalb immer über die Medienlandschaft im jeweiligen Staat informieren. Im Gegensatz zu Deutschland, wo die Redakteure dezentral auf alle größeren Städte (Berlin, Frankfurt, Hamburg, München…) verteilt sind, konzentriert sich in Großbritannien beispielsweise ein Großteil der Presse (ca. 80 Prozent) auf London; (was allerdings nicht gleichzeitig bedeutet, dass die britische Hauptstadt stellvertretend für das ganze Vereinigte Königreich steht!) Selbiges gilt für Frankreich, das sehr Paris-zentriert ist. Darauf muss natürlich Rücksicht genommen werden, wenn persönliche Treffen vereinbart werden. Im Allgemeinen ist es immer ratsam, bei Terminen wie Interviews anstatt nur eines internationalen Managers auch einen lokalen Verantwortlichen der Firma dabei zu haben, um dem Interesse der Presse nach nationalen Meldungen gerecht zu werden.
Besonders wenn man sich unsere französischen Nachbarn ansieht, findet man noch zusätzliche Eigenarten. Einige davon scheinen zwar die typischen Klischees über Frankreich und die Franzosen zu bedienen, doch sie gehören tatsächlich zum Arbeitsalltag in der Branche.
Das fängt damit an, dass der nationalen Presse Material stets auf Französisch zur Verfügung gestellt werden sollte, um sicher zu gehen, dass es auch wirklich gelesen und genutzt wird; Dasselbe gilt im Übrigen auch für Deutschland. Anders als in Großbritannien oder den Vereinigten Staaten, bevorzugen die Franzosen persönliche Treffen an Stelle von Telefoninterviews. Redakteure nehmen sich gerne die Zeit, sich zum Mittagessen in einem kleinen Bistro zu treffen und sich ausführlich mit den Firmenvertretern zu unterhalten. Dank der Zentralisierung der Presse ist dies auch recht einfach möglich. Allerdings darf man sich nicht wundern, wenn der französische Vertreter eine Viertelstunde zu spät zum verabredeten Termin erscheint, dies wird oft noch als pünktlich angesehen. Damit hängt wahrscheinlich auch damit zusammen, dass das Follow-Up für Events wie Messen oder Meetings meist ziemlich ausführlich ausfällt. Oft wird sogar nochmal am selben Tag an die Veranstaltung erinnert!
Aber so kompliziert es auch manchmal erscheint, den Überblick über alle Gewohnheiten und Eigenarten der PR in den verschiedenen Ländern zu behalten – mit diesen Ratschlägen sollte
einer erfolgreichen Öffentlichkeitsarbeit im Ausland eigentlich nichts im Wege stehen:
Um erfolgreich den Markt und die Presse im Ausland mit Informationen zu bedienen, ist natürlich auch ein größeres Maß an Flexibilität erforderlich und nicht selten fallen die geregelten Arbeitszeiten dem hohen Tempo in der Branche zum Opfer. Denn wer kann schon den Auftrag ablehnen, noch „schnell“ eine wichtige Pressemitteilung rauszuschicken? – Da ist es dann auch egal, ob diese Aufgabe womöglich auf einen Feiertag oder, auf Grund der Zeitverschiebung, auf einige Stunden nach Feierabend fällt ;-). Doch dank den modernen Arbeitsmöglichkeiten und Home Offices ist auch das kein Problem.